Vor einigen Jahren hat mich auf dem Spielplatz eine Frau angesprochen: Ob ich irgendwo hier im Kiez wohnen würde? Sie hätte mich schon öfter gesehen, unsere Kids waren im selben Alter, wir kamen ins Plaudern und freundeten uns an. Sie wohnte nämlich tatsächlich direkt auf der anderen Straßenseite. Aber in der Zeit, in der wir uns kennenlernten, ging sie mit ihrer Familie durch eine mittelschwere finanzielle Krise. Ihr Partner war ein ambitionierter Hobby-Fotograf und hatte zusätzlich eine recht stattliche Plattensammlung und um die Krise abzupuffern, fingen die beiden an, Stück für Stück das ganze teure Fotoequipment und die so sorgfältig gepflegte Plattensammlung zu verkaufen.
„Puuh“, habe ich zu Amelie gesagt, „das fällt ihm bestimmt nicht leicht.“
„Ach naja“, meinte sie daraufhin, „häng Dein Herz nicht an Dinge …“.
Häng Dein Herz nicht an Dinge.
O.k., die beiden waren in einer schwierigen Lage und haben ein bisschen getan, was eben getan werden musste. Ich persönlich denke, keiner muss sein wertvolles Equipment verkaufen, solange er eben nicht muss. Aber der erstmal unfreiwillige Minimalismus hat der Wohnung der kleinen Familie erstaunlich gut getan! Es war plötzlich viel mehr Platz, mehr Licht und mehr Klarheit in den Räumen.
Doch um dahin zu kommen, um in den Genuss des Minimalismus zu kommen, müssen wir uns von einigen Besitztümern trennen. Häng Dein Herz nicht an Dinge, da hatte meine Freundin schon recht. Oder anders herum gesprochen: Sehr viele Menschen hängen ihre Herzen eben doch an Dinge, können sich schwer von Sachen trennen, obwohl sie sie eigentlich gar nicht mehr gebrauchen können. Dann nimmt der ganze Kram eigentlich nur Platz weg, fängt Staub und bringt Energien ins Stocken.
Der Auftakt zu mehr Minimalismus in der eigenen Wohnung
Der Start in ein minimalistisches Leben braucht also ein bisschen Mut. Mut zum Loslassen. Dann wird relativ schnell die Erkenntnis kommen, dass es wirklich nicht viel braucht zum Leben. Und von da an wird es immer besser, denn wenig Besitz schafft unglaublich viele Freiräume – und zwar sowohl physischer als auch mentaler Natur!
Weniger Hab und Gut heißt auch: Weniger, was ständig Deinen Blick ablenkt, alles ist klarer, organisierter, sortierter. Das wirkt sich auch auf die Ordnung im eigenen Kopf aus! Außerdem geht das Aufräumen schneller und das Staubwischen auch. Du musst nicht mehr ständig suchen und weißt genau, was Du alles hast. Was Du nicht hast, realistisch aber auch wirklich nur maximal 2 Mal im Jahr brauchst (bei mir ist das zum Beispiel eine Bohrmaschine), das kannst Du Dir immer auch leihen. Spart Platz und Ressourcen und macht frei von: „Ich behalte das mal lieber, vielleicht kann ich es ja doch irgendwann nochmal gebrauchen …“
Die meisten von uns horten viel zu viel Zeug, dass sie niemals im Leben benötigen. Und obwohl ich selbst meinen persönlichen Kram regelmäßig ausmiste, bin ich jedes Mal aufs Neue überrascht, wie viel sich doch allein im Laufe eines Jahres immer wieder ansammelt!
Lass also frischen Wind in Deine Wohnung, schaffe Minimalismus im Außen und damit mehr Raum für neue Erfahrungen, neue Ideen und eine neue Leichtigkeit im Inneren, indem Du Dich darauf einlässt, Dich von all den Dingen zu trennen, die Du eigentlich schon lange nicht mehr brauchst.
Wenn Du keine Ahnung hast, wo Du anfangen sollst, dann kannst Du Aufräumkönigin Marie Kondo folgen, indem Du Dich in einzelnen Kategorien durch Deine Wohnung arbeitest: Du startest mit dem Ausmisten bei Deinen Klamotten, dann kommen die Bücher dran, dann Deine Papiere, dann Kleinkram und zum Schluss persönliche Erinnerungsstücke. Nimm alles in die Hand und frage Dich: Schenkt mir das noch Freude? Wenn Deine Antwort ja ist, dann bleibt es natürlich! Wenn Dir etwas keine Freude mehr bereitet und Du es vielleicht nur aus Pflichtbewusstsein heraus noch behältst, weil Deine Schwiegermutter es Dir nun mal geschenkt hat, zum Beispiel, dann kann es verschwinden. Was noch gut erhalten ist, ist natürlich gespendet besser aufgehoben als in der Tonne!
Leg am besten direkt los und freue Dich auf ein geklärtes, schönes und gemütliches Zuhause!
Juliane Scheel
Juliane Scheel ist studierte Kommunikationswissenschaftlerin (M.A. Interkulturelle Kommunikation) und arbeitet als aktive Texterin und Lektorin sowohl im wirtschaftlichen als auch im akademischen Bereich. Zudem gibt sie Seminare und Schreibberatungen und ist damit zeitsprungs Fachfrau rund um die Themen Text und Kommunikation.
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