Ich kann nicht mehr! Mit Resilienz aus der Krise

von | 08.10.2020

An der Wand hängt ein Familienplaner. Ein Versuch, die Termine zu jonglieren und bloß nichts zu vergessen. Kind 1 hat Training, Kind 2 Tanzunterricht, ich selbst jeden Tag mehrere Meetings. Über Zoom jetzt, aus dem Homeoffice heraus. Wie lange noch? Keine Ahnung. Wird es nochmal anders? Dieses Jahr wohl eher nicht. Wieder mehr Präsenztermine? Vielleicht. “Oder machen wir es einfach direkt online?”, fragen die Auftraggeber. Von mir aus gern! Ich bin mittlerweile für alles gerüstet, habe hart daran gearbeitet, alles auf online zu umzumünzen – allem voran mich selbst. All das … und am Ende heißt es dann: doch erstmal abwarten. Vielleicht geht ja präsenz bald wieder.

Oder vielleicht … vielleicht sagen wir es sicherheitshalber ganz ab. Sparen wir das Budget. Die wirtschaftlichen Coronafolgen kann ja auch keiner absehen …

Es ist ein ständiges Hin und Her, seit März nun schon.

Keine konkreten Ansagen, keine klaren Antworten. Weil es sowieso viel zu viele Fragen und viel zu wenig Antworten gibt im Moment. Weil keiner mehr irgendwas so richtig zu wissen scheint. Weil sich unsere vermeintliche Sicherheit in den letzten Monaten in eine ziemlich handfeste Unsicherheit gewandelt hat.

Ich weiß es auch manchmal nicht mehr. Ich bin erschöpft, ich kann nicht mehr. ich versuche, das Positive zu sehen, das die Krise uns bringt und ich weiß auch, dass es da ist. Aber so im Alltag … Im Alltag wird es mir dann einfach oft alles zu viel. Dann kann ich nicht mehr. Dann kann ich nicht mehr schlafen, weil ich Horrorszenarien im Kopf habe, davon, wie ich mit den Kindern auf der Straße lande, weil es irgendwann gar keine Aufträge mehr gibt.

Aufgeben ist keine Option, das weiß ich. Aber so weitermachen? Ist auch keine.

Zeit, dass sich was ändert. Zeit, dass ICH etwas ändere. “Worauf kann ich mich denn noch verlassen?”, frage ich mich selbst, während ich den Geschirrspüler ausräume. “Auf mich selbst”, ist die einzige Antwort, die mir gerade kommt.

Ich kann nicht ändern, was Corona mit der Welt da draußen macht. Aber ich kann darauf achten, was es mit MIR macht. Ich kann auf meine Psyche achten. Auf meine Mentalhygiene, sozusagen.

Ich wecke die Kids, bringe sie zur Schule und habe zum ersten Mal seit … Wochen … so etwas wie eine Perspektive. Fühle mich nicht mehr so ausgeliefert und freue mich regelrecht darauf, meine eigene mentale Stärke auf meine ganz persönliche Agenda zu nehmen. Wieder zu Hause setze ich mich sofort an den Rechner und fange an zu recherchieren. “Resilienz” ist das Wort, das mir dabei immer wieder begegnet.

Was ist Resilienz?

Ich finde schnell heraus, dass es auf diese Frage nicht die eine einzige Antwort gibt. Macht ja auch Sinn, wenn man bedenkt, wie komplex unsere Psyche ist. Aber weil ich es manchmal doch kurz und auf den Punkt mag, notiere ich mir für den Anfang die Definition aus dem Duden:

Resilienz, die
psychische Widerstandskraft; Fähigkeit, schwierige Lebenssituationen ohne anhaltende Beeinträchtigung zu überstehen

Klingt nicht schlecht, ich will’s aber praktischer. Wie werde ich denn resilienter? Wie achte ich denn darauf, dass ich psychisch gesund bleibe in dieser Krisenzeit?

3 Schritte für mehr Resilienz im Leben

Ich recherchiere und recherchiere und lande am Ende bei einer Liste mit drei Punkten, die mir besonders gut gefallen und die ich ab jetzt in mein Leben integrieren werde:

Punkt 1: Eine starke Bindungsperson

Eine starke Bindungsperson, vor allem in der Kindheit, ist laut verschiedener Studien ein Motor für eine gesunde Resilienzentwicklung. Das gefällt mir! Und zwar in alle Richtungen. Ich nehme mir also fest vor, für meine Kinder eine zuverlässige Bindungsperson zu sein und zu bleiben. Und ich nehme mir auch vor, in meinem Leben mehr Unterstützung zuzulassen. “Mentor suchen” und “Ja sagen, wenn jemand Dir seine Hilfe anbietet”, stehen jetzt ganz oben auf meiner To-Do-Liste.

Punkt 2: Handlungsfähig bleiben, trotz allem.

Auf der Internetseite von Psychologie Heute lese ich: “Resilienz […] ist kein Schutzschild, sondern eine Form der Aktivität.” Aha! Ich muss an Viktor Frankl denken. “Trotzdem Ja zum Leben sagen”! Das ist es! Trotzdem Ja sagen.
Ich denke also an Viktor Frankl, nehme mir sofort mein Ideenbuch (Link zum Ideenbuch) und setze mir handfeste Ziele. Drei Monate habe ich noch, bevor dieses Jahr, dieses verrückte Jahr, zu Ende ist.
Ich rechne jetzt mit Corona. Ich kalkuliere mit ein, dass die Schulen vielleicht nochmal zu machen und frage mich: Was nehme ich mir trotzdem vor? Was will ich trotzdem noch erreichen? Ich finde meine Antworten, ich freue mich über meine Klarheit und ich freue mich auf meine Ziele.

Punkt 3: Es gar nicht erst soweit kommen lassen.

Auf eine entscheidende Frage stoße ich bei meinen Recherchen immer wieder: Wie viel Sinn macht es denn eigentlich, die eigene Stressfähigkeit zu trainieren? Liegt die Lösung nicht im Grunde auf der anderen Seite? Bei: Weniger Stress?
“Beides”, entscheide ich für mich, koche mir noch einen Kaffee, mache es mir mit meinem Ideenbuch gemütlich und überlege, wie ich meinen Alltagsstress reduzieren kann. “Handlungsfähig bleiben”, flüstere ich mir selbst zu, als mein Kopf mir ein entschiedenes: “Das geht nicht!” entgegen schmettert, bevor ich überhaupt anfangen kann zu schreiben. Handlungsfähig bleiben und trotzdem Ja zum Leben sagen …

Mehr zum Thema Resilienz findest Du übrigens auch in unserem Udemykurs “Mentale Fitness” zusammen mit jeder Menge anderen Tipps, wie Du Deine mentale Stärke aufbauen und halten kannst. In Zeiten wie diesen: Gold wert!

Juliane Scheel – Expertin für Organisationsentwicklung

Juliane Scheel

Juliane Scheel ist studierte Kommunikations­wissenschaftlerin (M.A. Interkulturelle Kommunikation) und arbeitet als aktive Texterin und Lektorin sowohl im wirtschaftlichen als auch im akademischen Bereich. Zudem gibt sie Seminare und Schreib­beratungen und ist damit zeitsprungs Fachfrau rund um die Themen Text und Kommunikation.

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