Im ersten Artikel unserer Mini-Serie zum Thema Nachhaltig Einkaufen ging es vor allem darum, überhaupt erstmal eine Entscheidung zu treffen, hinter der Du selbst zu 100 % stehen kannst. Wenn Du dazu nochmal nachlesen möchtest, findest Du den Artikel hier. (Bitte verlinken)
Hast Du Dich dann dafür entschieden, mehr Bio-Produkte im eigenen Einkaufswagen landen zu lassen, stehst Du wahrscheinlich auch schon vor der nächsten Herausforderung. Denn jetzt gilt es, sich durch den Dschungel an verschiedensten Siegeln zu schlagen. Und Tatsache ist: Bio ist nicht gleich Bio.
Deswegen schauen wir uns in diesem Artikel drei der großen Biosiegel, die Du in deutschen Supermärkten immer wieder finden wirst, etwas genauer an. Dann bekommst Du ein Gefühl dafür, was sich hinter den unterschiedlichen Zeichen verbirgt und kannst Deine eigenen Entscheidung noch gezielter und bewusster treffen.
Das EU-Siegel: Guter Anfang, viel Spielraum
Das Siegel der EU (weiße Sterne auf grünem Hintergrund) wird Dir sehr oft begegnen, denn seit 2010 müssen alle Bioprodukte, die in der EU produziert wurden, dieses Siegel tragen.
Wollte man dem Siegel einen Untertitel geben, könnte der lauten: „Besser als nichts“. Denn mit diesem Siegel werden wirklich nur Mindestanforderungen abgedeckt, die für 95 % der im Produkt enthaltenen Inhaltsstoffe erfüllt sein müssen. Immerhin! Aber mehr eben auch nicht.
Für 95 % der Inhaltsstoffe müssen also die folgenden Anforderungen erfüllt sein:
- Verzicht auf chemische Pflanzenschutz- und Düngemittel
- Artgerechte Tierhaltung mit ausreichend Platz pro Tier und Quadratmeter
- Futter aus biologischen Anbau
- Antiobiotikaeinsatz nur, wenn die Notwendigkeit medizinisch indiziert ist
- Verzicht auf Gentechnik
- Handelt es sich um verarbeitete Produkte, dürfen maximal 49 Zusatzstoffe enthalten sein.
Das EU-Siegel hat mehrere Schwachstellen, die wir gleich im Vergleich mit den „besseren“ Biosiegeln noch sehen werden. Ein ganz großer Manko in Punkto Nachhaltigkeit: Ein Betrieb, der ökologische Produkte produziert, die diesen Mindestanforderungen entsprechen, kann durchaus parallel konventionell arbeiten. Das erklärt, warum die Biogurke oft eingeschweißt ist oder zwei kleine Paprika in einer Plastikschale verpackt werden: So stellt ein Betrieb mit Mischbewirtschaftung sicher, dass sich ökologische Lebensmittel nicht mit konventionellen vermischen oder vertauscht werden.
Merke also: Das Biosiegel ist besser als rein konventionelle Ware. Und gleichzeitig lässt es noch jede Menge Luft nach oben.
Bio Siegel im Vergleich: Bioland
Bioland ist einer der bedeutendsten ökologischen Anbauverbände in Deutschland und die Anforderungen gehen deutlich über das EU-Biosiegel hinaus. Hier mal ein paar Fakten zum Vergleich:
- alle enthaltenen Zutaten sollen bestenfalls den eigenen Bioland-Anforderungen entsprechen. In Ausnahmefällen, also wenn eine Zutat nicht in ausreichender Menge in der gewünschten Qualität verfügbar ist, darf auf alternative Bioprodukte zurückgegriffen werden.
- Ein Bioland-Betrieb muss ausschließlich ökologisch bewirtschaftet werden, Mischbewirtschaftung ist entsprechend nicht erlaubt
- Kreislaufwirtschaft soll gefördert werden: Laut Richtlinie müssen mindestens 50 % des Futters aus eigenem Anbau stammen (beim EU-Siegel sind 20 % ausreichend).
- In der Tierhaltung ist sehr viel genauer definiert, was „artgerecht“ bedeutet und in den Richtlinien des Verbands ist fest verankert, dass das Tierwohl über den wirtschaftlichen Interessen stehen muss.
Im Fazit ist das Biosiegel also sehr viel „weiter“ gedacht als das EU-Siegel, indem versucht wird, den Gedanken der Kreislaufwirtschaft auch wirklich umzusetzen und zu etablieren und das Tierwohl über Profit zu stellen.
Bio Siegel im Vergleich: Demeter
Auch Demeter ist ein Anbauverband; und zwar der älteste und der mit den strengsten Richtlinien. Demeterbetriebe betreiben eine sogenannte biologisch-dynamische Landwirtschaft, die auf den Anthroposophen Rudolf Steiner zurückgeht. Das heißt, Demeterbäuer:innen verstehen ihren Betrieb als lebendigen Organismus, der auch kosmischen Einflüssen, z.B. durch den Mond, ausgesetzt ist. All das wird in die Bewirtschaftung mit einbezogen.
Es ist damit fast selbsterklärend, dass die ökologischen Richtlinien von Demeterbetrieben weit über die EU-Vorgaben hinausgehen. So muss ein Demeterbetrieb zum Beispiel 10 % seiner Anbaufläche zur Förderung der Biodiversität nutzen. Und auch im Tierschutz ist Demeter besonders streng: Das Kupieren von Schwänzen ist ebenso wie das Enthornen von Rindern verboten (Ausnahme: Es ist vom Tierarzt medizinisch indiziert) und den Tieren steht im Vergleich zu anderen Siegeln der meiste Platz pro Tier und Quadratmeter zu.
Fazit: Die anthroposophischen Gedanken Steiners und die Idee, die kosmischen Kräfte in landwirtschaftliche Prozesse einzubeziehen, sind für viele auf den ersten Blick sicher etwas befremdlich. Aber: Wer für sich den derzeit höchstmöglichen ökologischen Standard möchte, für den sind Demeter-Produkte die passende Wahl.
Quellen zum Nach- und Weiterlesen:
Juliane Scheel
Juliane Scheel ist studierte Kommunikationswissenschaftlerin (M.A. Interkulturelle Kommunikation) und arbeitet als aktive Texterin und Lektorin sowohl im wirtschaftlichen als auch im akademischen Bereich. Zudem gibt sie Seminare und Schreibberatungen und ist damit zeitsprungs Fachfrau rund um die Themen Text und Kommunikation.
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